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Schon wieder ein Singer / Songwriter würden Manche vielleicht flüstern. Aber das trifft bei Leon Mucke die Sache so sehr, wie Kollegah den guten Geschmack, VW den Umweltschutz oder der erste Mai den letzten September. Man könnte jetzt natürlich die althergebrachten Plattitüden heraushauen und sagen, „ein junger Mann, mit einer großartigen Stimme, herausragenden Liedern und gutaussehen tut er auch noch“. Doch bei Leon Mucke muss man ganz genau hinhören, hingucken, hinfühlen. Außerhalb der Grenzen der Singer / Songwriter-Schubladen scheint seine Musik aus einer anderen Zeit; da trifft Jazz auf Folk und Rock auf Pop. Die Symbiose dieser Elemente kommt unprätentiös daher… so natürlich, so organisch. Leon komponiert und singt auf Deutsch. Denn er denkt auf Deutsch, er fühlt auf Deutsch. Seine Texte jedoch verlieren sich nicht in Klischees oder halbgaren Reimschemata, seine Musik verschmilzt nicht mit antiquierten Melodiedogmen zum Mitklatschen. Leon Mucke muss beim Singen nicht Knödeln, um zu beweisen, dass er es kann. Er muss nicht den großen Schmerz melodramatisch aufbauschen, damit man berührt ist. Er muss sich nicht von der einen, unerfüllten Liebe zerfleischen lassen, damit die Mädchen ihm zu Füßen liegen. Der beinahe-zwanzigjährige Liedermacher und Vollblutmusiker besingt den gesellschaftlichen Druck, dem ein junger Mensch ausgesetzt ist und seinen Entschluss, seinen Überzeugungen und seinem Herzen zu folgen. Er besingt seine Abneigung gegen die Technomusik mit einem so klugen Witz, dass der Song „Techno“ und sein liebliches Klavierfundament den Hörer dazu bringen in Ehrerbietung zu schmunzeln. „Still und Leise“ hält sogar jeden noch so aalglatten, überzeugten Misanthropen dazu an, zum Hörer zu greifen und seiner Mutter unverhofft überteuerte Blumen zu verschicken. Mit „Geschminkte Wahrheit“ verhilft Leon Gegensätzen zum Frieden – ein Song, der den Hörer in bittersüße Melancholie dippt, während er gutgelaunt den Takt mitnickt.
Endorphine heißt seine Debüt-EP, die bei Royal Street Records erscheint, dem bandeigenen Label des namhaften Royal Street Orchestra – in eindrucksvoller Kooperation mit weiteren befreundeten Musikern. Endorphine laufen ebenso in jedem menschlichen Metabolismus Amok, wenn er mit Leons Stimme und Musik beschallt wird. Die charmant-scharfsinnigen Paradoxa in seinen Texten zeigen sein effektvolles Talent mit der deutschen Sprache zu jonglieren. Die Authentizität seiner Musik würde sogar einen Jack Johnson beeindrucken – ohne Surfbrett, nicht am Strand von Waikiki, sondern am Islandufer, an dem ambitionierten Fluss Wupper. Seine Musik ist so, wie Leon selbst ist: rau und wollig, bescheiden und imposant, entzückend und herzhaft… mit einer starken Stimme und böigen Melodien. Ein Stück echte Musik in so künstlichen Zeiten; eine musikalische Zufluchtsdimension, die das Zeug dazu hat, geschundene Ohren, übersteuerte Mischpulte und autotunegeplagte Lautsprecher zu heilen.
– Dilâra Baskıncı