Tage verloren

Foto: Jan Kreienkamp

Tage verloren

Entspannung, Leichtigkeit, friedliche Leere. All die Dinge, nach denen wir uns so sehr sehnen. Es gibt so viel zu tun, so viel zu erledigen… aber Du liegst im Bett und driftest einfach weg. Und plötzlich stürzen sie auf Dich ein; die Gedanken über all die kleinen Dinge, all die Winzigkeiten, die im Alltag einfach geschehen, ohne Beachtung zu finden. Doch in diesem einen Augenblick, sind sie da… wie eine Lawine. Die Leichtigkeit bekommt bleierne Füße, die Entspannung weicht dahin, die Leere füllt sich mit Unruhe. Aber Du kannst nichts tun, außer da zu liegen und gefühlt alles zu hinterfragen, was Du je gemacht, getan oder gesagt hast. Du gibst Dich hin. Du gibst Dich den Träumen hin. Du ergibst Dich… und alles fließt. Wie an einem warmen Sommernachmittag, an dem sogar die Grillen langsamer zirpen als üblich, an dem das orangene Licht durch die Vorhänge durchschimmert und alles in einen schweren, friedlichen, samtenen Gewand hüllt.

Leon Muckes neuster Geniestreich scheint uns wieder einmal aus der gedankengeplagten Seele zu sprechen. „Tage verloren“ nimmt uns mit auf eine bittersüße Reise durch die Spiralen unserer eigenen, hauseigenen Windmühlen. Als Begleiter: der fleischgewordene, immerzu hinterfragende, prüfende, begründende und bewertende Geist unserer Zeit. „Tage verloren“ zwingt uns stillzustehen, aufzuhören, innezuhalten. Er zwingt uns das Vergangene vergangen, das Kommende kommen zu lassen… und einfach zu sein.

Der junge Wuppertaler Ausnahmekünstler und Multiinstrumentalist hat uns bereits in der Vergangenheit mit hausgemachter, ehrlicher Musik in andere Welten mitgenommen. Doch „Tage verloren“ packt noch eine Schippe drauf – das ausgeklügelte Arrangement ist eines 90er-Jahre-Claptons würdig und könnte ohne Weiteres den Soundtrack zu einem neuen „Lethal Weapon“ liefern. Leon Mucke erinnert uns mit „Tage verloren“ nicht nur daran einfach loszulassen… er gibt uns damit auch die Absolution, dass Innehalten hin- und wieder genau das ist, was wir brauchen – ohne Schuldgefühle, ohne Fragen, ohne Selbstzweifel. Manchmal müssen wir Tage verlieren, um uns zu finden… und was kann uns besser dabei begleiten, als Musik voller Verheißungen einer viel leichteren, langsameren, heilsameren Zeit?

– Dilâra Baskıncı


Mitwirkende: Theofilos Fotiadis, Thorsten Sala, Nikolaos Rondelis, Apostolos Siopis, Max Klaas, Björn Krüger, Dagobert